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Zeitschrift für Hochschuldidaktik, Nr. 2000/2-3
Lehre und Personalentwicklung an österreichischen Universitäten

Herbert ALTRICHTER, Thomas KLOIMWIEDER und Tina STÖBICH (Linz, Österreich)

Lehre und Personalentwicklung an österreichischen Universitäten - Editorial

Die Beschäftigung mit Fragen der Gestaltung qualitätsvoller Lehre ebenso wie mit der Frage, wie denn das universitäre Personal für diese Lehre, aber auch für seine anderen Funktionen in systematischerer Weise qualifiziert werden könnte, hat durch das UOG 93 sicherlich neue Impulse erhalten. An verschiedenen Universitäten sind neue Institutionen oder Projekte entstanden, die Antworten auf diese Fragen finden und umsetzen sollen.

Die Tagung Lehre und Personalentwicklung an österreichischen Universitäten, die im November 2000 an der Johannes-Kepler-Universität Linz durchgeführt wurde, sollte in dieser Situation

  • die für Lehre und Personalentwicklung verantwortlichen Funktionsträger/innen und Mitarbeiter/innen der verschiedenen österreichischen Universitäten an einem Ort zusammenbringen,
  • einen gesamtösterreichischen Überblick über die verschiedenen Vorstellungen, Konzepte und Realisierungsformen in Hinblick auf Initiativen zur weiteren Förderung von Lehre und Personalentwicklung bieten, sowie
  • Zukunftsperspektiven der Förderung von Lehre und Personalentwicklung an den einzelnen Standorten und im gesamtösterreichischen Verbund entwickeln (vgl. für die genauere Darstellung des Tagungskonzepts den Beitrag von Kloimwieder und Stöbich).

Offenbar bestand Bedarf an einer solchen Veranstaltung: An der Tagung nahmen 9 VizerektorInnen, 1 Vorsitzender eines akademischen Senates, RepräsentantInnen des Bildungsministeriums, der Rektorenkonferenz und der Bundeskonferenz des wissenschaftlichen Personals teil. Allerdings gelang es bis auf eine Ausnahme nicht, die Kunstuniversitäten anzusprechen, möglicherweise weil sich diese in der Zeit unserer ersten Aussendung in einer Übergangsphase vor dem ersten Rektorat nach neuem Recht befanden.

Einige Beobachtungen bei der Tagung:

  • Es zeigte sich, dass - anders als wir erwartet hatten - die Agenden für Lehre und Personalentwicklung an den meisten Universitäten verschiedenen VizerektorInnen anvertraut worden waren. Die Ausnahme ist hier die Universität Graz (vgl. den Beitrag von Pellert).
  • An manchen Universitäten ist die Verantwortung für Personalentwicklung des allgemeinen Personals und für jene der HochschullehrerInnen in getrennten Händen.
  • Bei der Tagung waren meist jüngere, weibliche KollegInnen, die vor nicht allzu langer Zeit neue Funktionen in Stabstellen für Personalentwicklung übernommen hatten, überrepräsentiert. Kontakt und Professionalisierung in dieser Funktion scheint ein starkes Bedürfnis zu sein.

Das vorliegende Heft der Zeitschrift für Hochschuldidaktik sammelt in seinem ersten Teil einige der Beiträge zu dieser Tagung, die einen Überblick über den Stand der Beschäftigung der Institution Universität mit ihrer eigenen Personalentwicklung und dessen Probleme erlauben. Der zweite Teil des Heftes enthält einige Aufsätze, die im Interdisziplinären Zentrum für Soziale Kompetenz der Johannes-Kepler-Universität Linz und in seinem Umkreis entstanden sind. Dieses Zentrum trat nicht nur als Organisator der erwähnten Tagung auf, sondern kann selbst als 'Kind' der erhöhten Aufmerksamkeit für Fragen der Lehrqualität und der Personalentwicklung an Universitäten verstanden werden.

Zu den einzelnen Beiträgen:

Lehre und Personalentwicklung an österreichischen Universitäten - ein Überblick anlässlich einer Tagung

Andrea Ecker (Wien) situiert die Frage der Personalentwicklung von HochschullehrerInnen in einem Szenario des Wandels der Universitäten zu Großbetrieben. Als kritische Punkte nennt sie u.a.: Die Auseinanderentwicklung der Arbeitsweisen für Forschung und Lehre, das Umgehen mit der Wissensvermehrung und die Entwicklung von Organisationsbewusstsein an den Universitäten, das auch entsprechende Führungspersonen benötigt.

Ecker verweist auf Entwicklungen, die im Zuge der Implementierung von UOG 93 an den Universitäten zu beobachten sind. Ein Beispiel dafür ist die Einrichtung eines Vizerektorats für Lehre, Personalentwicklung und Frauenförderung und einer Stabstelle für Personalentwicklung an der Universität Graz. Ingeborg Ibler-Pirker (Graz) berichtet über einige Aktivitäten dieser Stabsstelle: die Formulierung eines internen Weiterbildungsprogramms, ein Konzept zur Vergabe von Leistungsprämien für Vertragsbedienstete sowie ein Curriculum für die Grundausbildung von Vertragsbediensteten.

An der Universität Innsbruck wurde die Implementierung des UOG 93 als universitätsweites Reformprojekt verstanden. Eine Teilprojektgruppe beschäftigte sich mit "Personalangelegenheiten". Institutionell wurde dieser Arbeitsbereich schließlich durch die Wahl eines Vizerektors für Personal, Personal? und Oragnisationsentwicklung sowie durch die Einrichtung einer Stabsstelle für die Entwicklung, Koordination und Betruung von Fort- und Weiterbildungsaktivitäten gefasst. Der Beitrag von Almir Zundja und Gerit Mayer (Innsbruck) stellt diese Entwicklung zunächst dar. Sodann berichtet er über die Ergebnisse einer Bildungsbedarfserhebung, die Basisdaten für die Konzipierung von Personalentwicklungsmaßnahmen liefern sollte.

Das Interdisziplinäre Zentrum für Soziale Kompetenz an der Johannes-Kepler- Universität Linz

Dass sog. soft skills im heutigen Wirtschaftsleben besonders bedeutsam sind, gehört zu den Gemeinplätzen der Diskussionen über Universitätsausbildung und ihre "Praxisbezogenheit". Im Beitrag von Euler, Kern und Tschermer (Linz) wird nun über eine Studie über sechs Jahrgänge von AbsolventInnen von sozial? und wirtschaftswissenschaftlichen Studien in ganz Österreich berichtet. Die AutorInnen identifizieren drei Faktoren, in dem Bündel der 'soft skills': Erstens "Persönliche Handlungsbereitschaften und nicht-interaktive Transferfähigkeiten" (Wie z.B. (Verantwortungsbewusstsein, Entscheidungsfreudigkeit, Selbstsicherheit), zweitens "Sozialkommunikative Kompetenzen" (wie z.B. Durchsetzungsvermögen, Teamfähigkeit, Konfliktlösungsfähigkeit) und drittens "Wissenschaftlich-kognitive Fähigkeiten mit praktischer Orientierung" (wie z.B. Informationsbeschaffung, Lernbereitschaft, analytisches Denken). Nach Einschätzung der AbsolventInnen sind derartige Fähigkeiten in ihrer beruflichen Praxis hochbedeutsam; ihr Studium trug aber durchwegs wenig dazu bei, sie zu entwickeln. Das Lernen derartiger Fähigkeiten scheint sich nicht vollkommen den Bemühungen organisierter Didaktik zu entziehen, wie sich aus den Fortbildungsaktivitäten der Befragten erschließen lässt. Die Studie von Euler et al. hat einen gewissen Einfluss auf die Neuformulierung des Linzer Studienplanes "Wirtschaftswissenschaften" ausgeübt und war einer der Impulse für die Gründung eines Interdisziplinären Zentrums für Soziale Kompetenz.

Dieses wird im darauffolgenden Beitrag von Herbert Altrichter, Elisabeth Brunner-Kranzmayr, Jeannette Dietz, Heinz Holley , Gerhard Kette, Walter Ötsch, Gisela Pfeil, Gerhard Reber und Tina Stöbich (Universität Linz) kurz vorgestellt: Seine Ziele und Aufgaben sowie sein Verständnis des Konzepts "Soziale Kompetenz" werden kurz erläutert. Der Artikel schließt mit einem Ausschnitt aus dem ersten Selbstevaluationsbericht des Zentrums, der einige Probleme beim Versuch, neue universitäre Aufgaben neben den traditionellen Strukturen wahrzunehmen, aufzeigt.

Ein zentrale Aufgabe der Personalentwicklung von Hochschulangehörigen betrifft die Pflege und Weiterentwicklung ihrer didaktischen Fähigkeiten. Walter Ötsch, der Verantwortliche für den Arbeitsbereich "Hochschuldidaktik" am Interdisziplinären Zentrum der Universität Linz, betrachtet die Lehr-Lern-Beziehungen in Lehrveranstaltungen aus der Perspektive des "Managements innerer Zustände von Lehrenden und Lernenden und erläutert einige Methoden solchen Zustandsmanagements.

Die Moderation von Arbeitsprozessen betrifft der abschließende Beitrag von Thomas Kloimwieder und Tina Stöbich (Linz). Sie erläutern einesteils die Planungsüberlegungen, die hinter der Linzer Tagung "Lehre und Personalentwicklung an österreichischen Universitäten" standen, bei der sehr viel in sehr kurzer Zeit erreicht werden sollte. Anderenteils gibt ihr Aufsatz einen guten Einblick in die Feinstruktur didaktischen Denkens, das sich auf eine Berücksichtigung der Lernprozesse der TeilnehmerInnen einlässt. Die ausgesprochen positive Resonanz, die diese Tagung von ihren BesucherInnen erfahren hat, zeigt zudem, dass es sich auch auszahlt, sich auf derartige Gedankengänge einzulassen.

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