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Zeitschrift für Hochschuldidaktik Nr. 1-2/1996:
Qualität der Hoschschullehre

Johann DEUTSCH (Graz, Österreich)

Woraufhin bilden wir Medizinstudenten aus? - Bericht aus dem Workshop 2 mit F. Eitel
What Are We Teaching Medical Students? - Workshop Report

Das Ziel des Workshops war, Strategien mit den Teilnehmern zu erarbeiten, die den Curriculum-Planer eine relevante Gestaltung von Ausbildungszielen ermöglichen sollten. Da die vollständige und eindeutige Definition von Ausbildungszielen eine notwendige Bedingung für eine Studienreform darstellen, soll die Fertigkeit zu einer technisch einwandfreien Definition von Ausbildungszielen beherrscht werden. Es wurden Teilfragen formuliert, um sich der Beantwortung des Themas annähern zu können.

Am Beginn des Workshops wurden von den Teilnehmern (7 Hochschullehrer und 1 Student) im Rahmen eines Brain-storming die Ziele für den eigenen Unterricht definiert: z.B. Patientenkontakt, Gesprächsführung, lebenslanges Lernen, Untersuchungstechniken, molekulare Modelle von Erkrankungen, Arzt-Patienten-Eltern-Verhältnis, etc. Im Anschluß daran wurden diese Ziele 5 Kategorien zugeordnet:

  • Vermittlung fachlichen Wissens von Fähigkeiten und Fertigkeiten.
  • Aufnahme in die Expertenkultur (Enkulturation)
  • Ordnung nach Lernschritten
  • Ordnung nach Lehrformen
  • Sozialformen.

Im Rahmen dieser Zuordnung nahmen wir überraschenderweise zur Kenntnis, daß die Aufnahme in die Expertengemeinschaft (Enkulturation) das mengenmäßig umfangreichste Lernziel und Lehrziel für die Beteiligten war. Gleichzeitig mußte festgestellt werden, daß im täglichen Unterricht dieses Lehr/Lernziel im Unterricht nicht erreicht wird und daher noch am meisten ausbaufähig ist. In der anschließenden Diskussion wurde klar, daß man bei der Auswahl von Fachinhalten für die Lehre vom Vollständigkeitskriterium Abstand nehmen muß und bezüglich der Lehr- und Lernziele eine gut begründete Auswahl treffen muß. Nach einer Definition der Soll-Ziele muß auch der Ist-Zustand definiert werden. Schließlich muß die Lernleistung und das erzielte Ergebnis wissenschaftlich exakt gemessen werden, um die Erreichung des Soll-Zustandes beurteilen zu können.

Am Beispiel der Enkulteration wurde das Vorgehen demonstriert bzw. erarbeitet:

Die Definition von Lernzielen kann erstens durch Schnittmengenbildung erfolgen und/oder muß zweitens durch Teilmengenbildung aus der Schnittmenge genauer definiert werden, wobei das Ziel in drei Schritten immer genauer, d.h. quantifiziert, bestimmt wird: Zielkriterium - Indikator - Meßparameter. Die wesentlichen Mechanismen zur Erreichung der Enkulturation wurden definiert als Eigentätigkeit (Autonomie-Unterstützung), Empathie (soziale Einbindung), strukturierte Lehre und Feedback (Kompetenzunterstützung). An einer Studie des Leiters des Workshops wurde demonstriert, daß die Wertigkeit dieser Einflußgrößen auf die Lernmotivation bei verschiedenen Tätigkeiten unterschiedlich groß ist. Man kann sich diesen Sollzielen annähern.

Die Diskussion darüber ergab, daß es keine allgemein anerkannten Ausbildungsziele oder Sollvorstellungen gibt. Solche Sollwerte sind auch kulturspezifisch, werden sich auch über die Zeit hinweg ändern. Für eine genaue und wissenschaftliche Evaluation bräuchte man definierte Ausbildungsziele und die tägliche Praxis muß mit wissenschaftlichen Methoden evaluiert werden, um den Wert dieser Ausbildungsziele festzustellen und in einem Annäherungsverfahren zu verbessern. Allerdings muß eingeschränkt werden, daß diese theoretischen Überlegungen noch auf ihre Effekte hin in der Praxis überprüft werden müssen.

Abschließend wurde versucht, auf die eingangs erwähnten Fragen Antworten zu finden:

Woraufhin bilden wir Medizinstudenten aus: Diese Frage ist viel zu global, und im heutigen Stadium nicht beantwortbar. Daher wurden Teilfragen formuliert:

  1. Sind Lehrziele zugleich Lernziele?
    Dies sollte so sein, derzeit decken sich diese aber nicht.

  2. Welche Ziele verfolgen wir tatsächlich mit der Ausbildung?
    Derzeit sind die Ziele nur abstrakt formuliert, nicht genau definiert und schon gar nicht meßbar. Ein mögliches Vorgehen wäre die Definition von Lernzielen, die Schnittmengenbildung (etwa zur Definition der Grundqualifikation eines Arztes), dann eine Teilmengenbildung aus der Schnittmenge und die Formulierung von Zielkriterien, Indikatoren und Meßparametern mit denen die Indikatoren meßbar gemacht werden können. Für diese Meßparameter sind Skalen notwendig, um die Evaluation vergleichbar zu machen. Wegen des Fehlens der Meßparameter ist auch eine schrittweise zu verbessernde Definition der Zielkriterien derzeit nicht möglich. In die Lernziel/Lehrziel-Definition muß daher ein Evaluationsgedanke im Sinne der Strukturevaluation eingeführt werden.

  3. Welche Ausbildungsziele sind anzustreben?
    Diese Ausbildungsziele müssen pragmatisch formuliert werden (z.B. Selbständigkeit, Eigenverantwortlichkeit, Fähigkeit sich selbst fortzubilden) und der Wert dieser Ausbildungsziele durch Evaluationsverfahren bestimmt werden.

  4. Wie finden wir Konsens und Akzeptanz für die Ausbildungsziele?
    Unter Konsens verstehen wir etablierte Verfahren, wie z.B. eine demokratische Meinungsbildung, genauer nominale Gruppenverfahren oder Delphi-Verfahren, die die Basis für die Unterstützung der Umsetzung der Ziele in die Praxis ist. Erst nach wiederholter Diskussion des gemeinsam erarbeiteten Konsenses im Rahmen solcher Verfahren kann die Akzeptanz erreicht werden (= Macht, und Norm).

  5. Was bedeutet Strukturevaluation?
    Darunter verstehen wir die wissenschaftliche Überprüfung der Qualität von Lehrkonzepten, -programmen oder Curricula (z.B. von Lernzielen) und eine Bewertung unserer Konzepte mit Hilfe von objektiven nachvollziehbaren Methoden.

Literatur

Florian EITEL:
Die Ausbildungsmisere. In: L. SCHWEIBERER, J.R. IZBITZKY, Akademische Chirurgie. Springer: Berlin Heidelberg 1992 Seite 123 bis 132
Florian EITEL:
Die Erfassung der Lehrqualität - Modell zur Sicherung der Strukturqualität in der Gesundheitsversorgung. In: N. SEIBERT, H.J. SERVE (Hrg.), Bildung und Erziehung an der Schwelle zum 3. Jahrtausend. PimS: München 1994, 1230 - 1270.
Florian EITEL, R. SEIBOLD, K.G. KRANZ, Ch. LACKNER, B. STEINER, A. BRÄTH, M. SOHN, L. SCHWEIBERER:
Organisation des klinischen Praktikums im Fach Chirurgie - das Modellprojekt der LMU München von K.-H. Bichler, W. Mattauch: Innovationen und Trends des Medizinstudiums im klinischen Teil. PMI: Frankfurt 1994, 56 - 69.
Florian EITEL, M. MOORE-WEST:
Problem based learning - and then? Postersession, Medical Education in Europe for the 21 st Century - an international Conference on Initatives for Change in Medical Education in Europe, Veals Niederlande, 27.5. - 1.6.1995.



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