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Zeitschrift für Hochschuldidaktik Nr. 3-4/1994:
Feedback versus Evaluation
Teil III: Gesetzliche Verankerung und Modellvorschläge zur Weiterentwicklung

Gottfried S. Csanyi | Michael Sturm (Wien, Österreich)

Einleitung der Herausgeber

(Seiten 251-254)

Viel hat sich verändert seit Erscheinen der beiden ersten Teile dieses Themenschwerpunktes. Die Diskussion über die Evaluierung der Hochschullehre geht voran. Dazu einige relevanten Fakten:

(1) Bereits zu Beginn der bislang kräftigsten und am längsten andauernden (Hoch-) Konjunktur für die Bewertung der universitären Lehre nahm sich die Österreichische Gesellschaft für Hochschuldidaktik dieser Thematik an und widmete ihr unter dem Titel "Feedback versus Evaluation" in der Zeitschrift für Hochschuldidaktik die Doppelnummern 1-2 und das Heft 3 des Jahrgangs 1991. Dabei wurden die Begriffe "Feedback" bzw. "Evaluation" nicht als ausschließliches Gegensatzpaar gewählt, sondern sollten lediglich die möglichen unterschiedlichen Zugangsweisen zum Ausdruck bringen.

Im Teil I (ZSfHD 1-2/1991) wurden "Argumente für und gegen eine Bewertung der universitären Lehre" behandelt und in Teil II (ZSfHD 3/1991) "Reflexionen und Erfahrungsberichte" präsentiert. Das große Interesse und die durchwegs positive Rezeption bei der internationalen Fachkollegenschaft hat unsere Erwartungen damals weit übertroffen. Natürlich stand das Echo in keiner Relation zu jenem auf die "Uni-Rankings" diverser anderen Medien (Zeitungen und Zeitschriften), wobei diesen immer wieder unterstellt wird, mehr die eigenen Verkaufszahlen im Visier zu haben als den korrekten Umgang mit dem Datenmaterial.

(2) Mit dem Bundesgesetz über die Organisation der Universitäten (UOG 1993) wurde in Österreich u.a. die Evaluierung der Lehre gesetzlich verankert. Im entsprechenden § 18. (1) heißt es dazu:

4. Der Vorsitzende der Studienkommission hat dafür zu sorgen, daß jedenfalls die Lehrveranstaltungsleiter von Pflichtlehrveranstaltungen jedes Semester eine Bewertung ihrer Lehrveranstaltungen durch die Studierenden vorlegen. (...)

Der Studiendekan hat die Auswertungen dieser Lehrveranstaltungsbewertungen alle zwei Jahre mit Zustimmung und einer allfälligen Stellungnahme des jeweiligen Lehrveranstaltungsleiters in geeigneter Weise zu publizieren. Der Studiendekan hat weiters dafür zu sorgen, daß in regelmäßigen Abständen größere Teile von Studien unter Mitwirkung von Experten evaluiert werden.

(3) Herbst 1994: Die ersten "Reformuniversitäten" beginnen mit der Umsetzung des neuen UOG. zur Evaluierung der Lehre liegt zu diesem Zeitpunkt allerdings lediglich von der Professorenkonferenz (PROKO) ein Vorschlag vor; weder von der Bundeskonferenz des wissenschaftlichen Personals (BUKO), noch von der Österreichischen Hochschülerschaft sind uns entsprechende Empfehlungen bekannt. Auch der Bundesminister für Wissenschaft und Forschung hat bislang ­ mehr als ein Jahr nach Beschlußfassung des UOG 1993 ­ keine Durchführungsbestimmungen erlassen. Von den genannten Stellen haben wir trotz mehrmaliger Anfragen leider auch keine Beiträge für den vorliegenden Band erhalten. Die Mühlen der Politik mahlen ­ erfahrungskonform ­ auch in dieser Frage eher langsam.

Wenn also "nur" von Professorenseite eine Empfehlung vorliegt und wir daher nicht die Ausgewogenheit erreichen, die wir angestrebt haben, so gibt es doch eine ganze Reihe von Universitätslehrer/inne/n, die ihre konkreten Erfahrungen mit der Evaluierung der universitären Lehre und ihre Überlegungen dazu zu Papier gebracht haben. Die nachfolgend versammelten Beiträge enthalten auch einige Modellvorschläge, die aus hochschuldidaktischer Sicht lohnenswert erscheinen, auf breiterer Basis diskutiert und für eine Umsetzung in Betracht gezogen zu werden.

Eine Tendenz scheint sich dabei durch die gesamte wissenschaftliche Diskussion zur Qualität der Lehre hindurchzuziehen: Die Abwendung von der flächendeckenden Lehrveranstaltungsbewertung hin zu einer umfassenden und differenzierten Bewertung von Studiengängen oder gar Fachbereichen. Diese Tendenz könnte mit jener Sichtweise in Konflikt geraten, die anscheinend die entsprechende Diskussion auf der politischen Ebene und die Gesetzwerdung des UOG 1993 bestimmt (hat), auch wenn etwa Roland Fischer meint, daß "ein Evaluierungsschritt, wie er alle 8-10 Jahre von mir vorgeschlagen wird, (...) nach UOG 93 jedenfalls nicht verboten (ist)."

Der vorliegende Band beginnt daher folgerichtig mit dem Betrag von Otto Nigsch unter dem Titel "Pflichtevaluierung oder das Ei des Ministeriums". Er kritisiert anhand zweier Evaluationsstudien an der Universität Linz die mangelhafte theoretische Fundierung von Lehrveranstaltungsevaluierungen und steht daher auch einer Einlösung der an Evaluationen geknüpften Erwartungen vorerst skeptisch gegenüber. Wie komplex und konfliktreich Evaluationsvorhaben sein können, verdeutlichen Gerda Bohmann und Elisabeth Jandl-Jager am Beispiel eines letztlich nicht realisierten Projekts der Österreichischen Gesellschaft für Soziologie.

Entgegen allen Tendenzen zu einer externen Evaluation sieht Roland Fischer vielmehr im internen Dialog über die Qualität der universitären Lehre eine Chance zu deren Verbesserung. Andreas Köpke stellt die unterschiedlichen Interessen der Statusgruppen an der Evaluation der Lehre dar, um schließlich ebenfalls für einen studienreformbezogenen Lehrdiskurs zu plädieren. Wie unterschiedlich die Ansprüche an eine Evaluierung bereits auf Lehrveranstaltungsebene aussehen und welche Probleme sich daraus ergeben (können), verdeutlichen Elisabeth Jandl-Jager und Gabriele Gerhardter in ihrem Artikel.

Wie bereits einleitend erwähnt, liegen bisher nur von der Bundeskonferenz der Universitäts- und Hochschullehrer konkrete Empfehlungen zur Evaluierung der Lehre entsprechend dem UOG 1993 vor, die wir hier mit deren freundlicher Genehmigung abdrucken. Diese Empfehlungen sehen sowohl eine (standardisierte) interne als auch eine externe Evaluierung vor. Einen völlig anderen Ansatz skizziert Ada Pellert in ihrem ersten Beitrag in diesem Heft. Sie beschreibt darin die Initiative einer selbstorganisierten Rückmeldung am IFF und stellt Überlegungen an, wie diese auf andere universitäre Bereiche transferiert werden könnte.

Das Projekt "Qualität der Lehre an der Universität Kaiserslautern" nimmt Andreas Barz zum Ausgangspunkt, um aus den dabei gemachten Erfahrungen und Elementen aus dem Qualitätsmanagement ein vielversprechendes Modell für die Universitäten zu entwickeln, das vielleicht tatsächlich die unterschiedlichen Evaluationsansprüche vereinen könnte.(In diesem Zusammenhang möchten wir auch auf ein von Reissert betreutes Projekt zur Evaluation der Lehre verweisen, das sicherlich zu den elaboriertesten im deutschsprachigen Raum zählt und in den HIS-Informationen A8/94 vorgestellt wurde.)

Im Anschluß daran folgen eine Reihe kürzerer und ganz kurzer Artikel von Paul Kellermann, Gunhild Sagmeister, Michael Heger und Gernot Sonneck. Diese Kurzbeiträge von Autor/inn/en, die bereits früher in der Zeitschrift für Hochschuldidaktik zum Themenkomplex Evaluation publiziert hatten, entstanden binnen weniger Wochen als Reaktion auf unsere Aufforderung, die Entwicklung (in theoretischer und praktischer Hinsicht) zu beschreiben, die sich im jeweiligen Kompetenzbereich bzw. Umfeld der Autor/inn/en seit deren letzten Veröffentlichung in der ZSfHD vollzogen hat.

Mit den vier Kurzbeiträgen wird der Tehmenschwerpunkt "Feedback versus Evaluation" im engeren Sinn ­ vorläufig ­ abgeschlossen. Doch auch zwei der drei allgemeinen Beiträge berühren das Schwerpunktthema. Ada Pellert berichtet in ihrem zweiten Artikel in diesem Heft über das zwölfte ISSED-Seminar vom 19. - 22. Juni 1993 in Berlin zum Thema "Urgent Problems in Higher Education and Approaches to Solutions". Evaluation zählt in vielen Ländern zu den unternommenen Lösungsversuchen. Aber es wurde "auch deutlich, daß Evaluation ohne die entsprechenden Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten, die an die Evaluation anschließen, nur begrenzt sinnvoll ist." Dieser Artikel ist praktisch bereits ein Vorspann für das Heft 1/1995 der Zeitschrift für Hochschuldidaktik, das unter dem Titel "Universitäre Personalentwicklung ­ Internationale Erfahrungen und Trends" mit Ada Pellert als Herausgeberin demnächst erscheinen wird.

Bernhard Mark-Ungericht präsentiert die Zusammenfassung eines Forschungsprojekts über Tätigkeit und Wirksamkeit der Studienkommissionen, das an der Universität Innsbruck durchgeführt und vor etwa einem Jahr abgeschlossen wurde. Auch in diesem Zusammenhang spielt Evaluation natürlich eine Rolle, wenn auch keine ganz zufriedenstellende.

Den Abschluß dieses Bandes bildet ein Betrag, der als einziger keinen direkten Zusammenhang zum Schwerpunktthema aufweist, dafür aber von hoher Relevanz für die alltägliche Praxis im Wissenschaftsbetrieb ist. Denn Wissenschaft ist Forschung und Kommunikation. Und die wissenschaftliche Kommunikation vollzieht sich ­ global betrachtet ­ im wesentlichen in schriftlicher Form. Mit dem Schreiben in der Wissenschaft berühren Gerhild Bachmann und Regina Mikula daher eine praktische Kompetenz, die einen wesentlichen Einfluß auf die Qualität von Wissenschaft ­ und damit letzten Endes auch auf die der wissenschaftlichen Lehre hat.

Gottfried S. Csanyi
Michael Sturm




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