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Zeitschrift für Hochschuldidaktik Nr. 4/1997:
Hochschulfinanzierung

Editorial

Den Anfang machten die Informatikstudenten im Jahr 1985: die von ihnen unter großer Medienresonanz organisierten Demonstrationen, die auf die Unterausstattung ihrer Institute mit Computern aufmerksam machten, waren ein neuer Typ von Studentenprotest. Nach den politisch motivierten Unruhen der 60er und 70er Jahre, die auf eine Sprengung des "Systems", auf eine prinzipielle Kritik der "bürgerlichen Wissenschaft" und ihres Universitätsbetriebs etc. abzielten, verlangten die Studenten nun plötzlich ganz brav und systemkonform mehr Geld für ihre Ausbildung. Es versteht sich, daß diese Form des Studentenprotests auch von Professoren und Mittelbau unterstützt wurde.

Tatsächlich waren im Laufe der 80er Jahre die realen Ausgaben pro Student zurückgegangen. Anfang der 70er Jahre verliefen das Wachstum von Studentenzahlen und Hochschulbudget weitgehend parallel, Ende der 70er Jahre tat sich dann eine Kluft auf, die im Laufe der 80er Jahre zunehmend breiter wurde und damit eine verringerte politische Unterstützung der Hochschulexpansion andeutete.

Damit bestimmen seit den späten 80er Jahren neuen Thematiken und Frontlinien die hochschulpolitische Diskussion in Österreich. Die Hochschulfinanzierung nimmt in fast allen Auseinandersetzungen eine zentrale Rolle ein, auch wenn es vordergründig manchmal um anderes geht. Bei der Finanzierung gibt es eine ganz klare Polarisierung zwischen der Politik und der staatlichen Administration einerseits, den Universität andererseits. In den 70er Jahren gab es noch partielle Allianzen zwischen der staatlichen Reformpolitik und dem Mittelbau bzw. den Studenten (der Gegner waren die Vertreter der Ordinarienuniversität). In den Auseinandersetzungen um die Hochschulfinanzierung überdeckt der gemeinsame Widerstand gegen die staatliche Politik in der Regel die Interessensgegensätze zwischen den verschiedenen universitären Gruppen.

Ein großer Teil der Hochschulakteure ist fest davon überzeugt, daß sich der Staat immer weiter aus seiner Verantwortung für die Universitäten zurückzieht, was am deutlichsten in der schwindenden finanziellen Unterstützung zum Ausdruck kommt. Aus der staatlichen Perspektive erscheinen die Universitäten zunehmend als Faß ohne Boden, und auf Grund ihrer Komplexität entziehen sie sich weitgehend dem politischen Einfluß. Das Vetrauen, daß diese Einrichtungen aus eigenem Antrieb öffentlichen Interessen dienen, ist stark gesunken und hat dem Mißtrauen Platz gemacht, daß es hauptsächlich um die Wahrung und den Ausbau von Besitzständen geht.

Das vorliegende Heft ist nicht daran interessiert, die Konfrontation über die Höhe der staatlichen Hochschulausgaben weiter anzuheizen. An Publikationen, in denen Vertreter der Universitäten die "Gegenreformation in der Hochschulpolitik" und die Ignoranz der Regierung beklagen, gibt es keinen Mangel. Auch die Sichtweise der staatlichen Hochschulpolitik ist aus offiziösen Publikationen und aus den Medien hinlänglich bekannt. Die Intention dieses Heftes ist es vielmehr, die etablierten Positionen zumindest ansatzweise gegen den Strich zu bürsten und um Aspekte zu bereichern, die quer zu den eingefahrenen Konfrontationen liegen.

Der Artikel von Pechar behandelt zwei Länder, in denen es in den letzten Jahren zu besonders tiefgreifenden Reformen in der Hochschulfinanzierung gekommen ist. Sowohl in den Niederlanden wie im Vereinigten Königreich hat sich eine starke Marktorientierung in der Hochschulpolitik vollzogen, wobei die Ausgangslage freilich sehr unterschiedlich war. Der Artikel diskutiert diese Veränderungen unter Bezugnahme auf das komparatistische Konzept von B. Clark und skizziert damit zugleich einen Theorierahmen, der sich auch zur Analyse der Hochschulreformen in Österreich anbietet.

Ein Aspekt, der in der österreichischen Hochschulpolitik zweifellos große Bedeutung gewinnen wird, ist die Ausgliederung der Universitäten aus dem Bundeshaushalt und der Übergang zu einem Globalhaushalt. Auch auf der Basis des UOG 1993 sind die österreichischen Universitäten an das bestehende Haushaltsrecht gebunden, wenngleich einige Bestimmungen gelockert wurden. Einige Akteure streben eine volle Finanzautonomie an. Von einem vollständigen Bruch mit der Kameralisitik verspricht man sich eine erhöhte Effektivität und Effizienz in der Verwendung der gegebenen Mittel.

Auf diese Thematik beziehen sich zwei Artikel. Krasny und Ziegele berichten über den "Modellversuch Globalhaushalt" in Niedersachsen, bei dem drei Hochschulen aus dem Haushaltsrecht ausgegliedert wurden und als Landesbetriebe mit kaufmännischen Rechnungswesen geführt werden. Dieser Beitrag thematisiert in erster Linie die Rahmenbedingungen, die gewährleistet sein müssen, damit die Erwartung einer effizienteren Mittelverwendung tatsächlich erfüllt wird.

Der Beitrag von Nadvornik und Glander bezieht sich auf die Fachhochschulen in Österreich. Der Fachhochschulsektor, der sich von den Universitäten nicht nur durch das Profil seiner Studiengänge (kürzer und explizit berufsorientiert), sondern auch in bezug auf Organisation und Finanzierung unterscheidet, hatte von Anfang an ein Globalbudget. Damit gewinnen betriebswirtschaftliche Konzepte erhöhte Bedeutung. Nadvornik und Glander werfen die Frage auf, welche Formen der Rechenschaftslegung nötig sind, wenn Träger in privater Rechtsform öffentliche Gelder erhalten.

Neben Effizienzsteigerungen wird eine Ergänzung der staatlichen Finanzierung durch private Einnahmen ein weiterer Diskussionspunkt sein. In der Kontroverse über Studiengebühren hat zuletzt das "Australische Modell" einer einkommensabhängigen Darlehensfinanzierung viel Raum eingenommen. In jüngster Zeit wurde die ursprüngliche Variante dieses Australischen Modells von der seit 1996 regierenden konservativen Partei stark verändert. Der Beitrag von Chapman und Salvage setzt sich mit der Frage auseinander, wieweit diese Eingriffe die ursprünglichen Intentionen eines einkommensabhängigen Darelehensmodells gefährden.

Auf die österreichische Diskussion über Studiengebühren beziehen sich die beiden nächsten Artikel. Studiengebühren werden unter anderem mit dem Argument gerechtfertigt, daß die öffentlichen Hochschulausgaben regressive Verteilungseffekte haben, also von den Einkommensschwächeren (die die Hochschulen über ihre Abgaben mitfinanzieren) zu den Einkommensstärkeren (die die Hochschulen primär nutzen) umverteilen. Gestützt auf die jüngste Verteilungsstudie des WIFO stellt der Beitrag von Wohlfahrt diese Sichtweise in Frage. Nach seiner Interpretation profitiert das unterste Einkommensdrittel stärker von den öffentlichen Hochschulausgaben, als es durch Steuerleistungen zu deren Finanzierung beiträgt. Der Artikel von Guger bezieht sich kritisch auf diese Interpretation. Er stellt die Hochschulausgaben zu anderen staatlichen Ausgaben in Relation und betont, daß erstere (neben den öffentlichen Ausgaben für Kunst) in besonders hohem Maße einkommensstarken Schichten zugute kommen.

Die finanzielle Untersützung der Studenten war in Österreich nie sehr großzügig. Von der sozial indizierten Studienbeihilfe hat nur ein geringer Teil der Studenten profitiert. Größer waren immer jene staatlichen Ausgaben, die in Form der Familienbeihilfe "mit der Gießkanne" verteilt wurden (allerdings nicht an die Studenten, sondern an deren Eltern). Im Zuge der jüngsten Sparpakete hat es drastische Einschnitte bei der staatlichen Studienförderung, vor allem bei der Familienbeihilfe gegeben. Der Beitrag von Muhr bezieht sich auf diese Verschlechterung der sozialen Lage der Studenten und stellt eine alternative Form der Studienförderung zur Diskussion.

Hans Pechar




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